Glück ist mehr als Nicht-Unglück
Sowohl als Privatperson als auch als Beraterin beschäftige ich mich schon lange mit dem gelungenen Leben. Heute habe ich einen wunderbaren Artikel von Michael Köhlmeier darüber gelesen.
Er stammt aus der aktuellen Ausgabe des Magazins »carpe diem«, das ich offen gestanden das erste Mal so richtig bewusst lese. Und er ist sozusagen eine Kurz-Zusammenfassung einiger »Glücksansätze«, beginnend bei der Antike.
Eudaimonia war schon in der Antike der höchste im Leben zu erreichende Zustand, und auch heute wünschen die meisten Menschen sich, »einfach« glücklich zu sein (Dass viele dabei zu angestrengt vorgehen und das Belohnungszentrum im Gehirn damit überfordern, bis es quasi w.o. gibt und gar kein Glück mehr empfunden werden kann, wird an einer anderen Stelle im Magazin von Gisbert Knüphauser trefflich beschrieben.).
War das Glück bei Homer noch von den Göttern abhängig, meint der Philosoph Heraklit 200 Jahre später, dass der Mensch selbst für sein Glück oder Unglück verantwortlich sei. »Der Daimon des Menschen sei sein Ethos.« Demokrit, seines Zeichens ebenfalls Philosoph, warnt schon damals davor, sein Glück über Besitz und Macht erreichen zu wollen. Eudaimonia liege allein in der Seele jedes einzelnen Menschen. Wenn er sein Leben gut gestalte, dann könne er sich als einen glücklichen Menschen preisen.
Bei Immanuel Kant viele Jahrhunderte später garantierte allein die Pflichterfüllung (Stichwort kategorischer Imperativ) ein glückliches Leben, denn es basiere auf Vernunft.
Und dann war da noch Epikur (ca. 340 vor Christus). Sein Ansatz in aller Kürze: Lust suchen, Unlust vermeiden. Jedoch sah er gleichzeitig in der maßlosen Begierde die Quelle allen Unglücks, riet also zu Maßhalten und Bescheidung.
Und hier schließt sich der Kreis zum oben erwähnten Artikel mit einem wie ich finde äußerst wichtigen Schlüsselsatz: »Langeweile ist, wie die Akkus unserer Lebensfreude-Rezeptoren aufzuladen.«
In diesem Sinne: Besinnen wir uns auf das Wesentliche, genießen wir die kleinen und großen Freuden im Leben und überfordern wir uns nicht mit der Jagd nach immer mehr Glücksgefühlen. Irgendwann haben wir dann im schlimmsten Fall nämlich gar keine mehr.
Quelle: »carpe diem«, 4/20